Close

Abgeschlossene Habilitationsprojekte

Laienastrologisches Schrifttum aus Island in der Frühneuzeit

Kontakt: alessia.bauer@lrz.uni-muenchen.de

Ort: München

Abstract:

Wanderungen mit der Wünschelrute. Landesbeschreibende Literatur und die vorgestellte Geographie Deutschlands und Dänemarks im 19. Jahrhundert

Publikation: Würzburg: Ergon Verlag, 2006.

Kontakt: wolfgang.behschnitt@skandinavistik.uni-freiburg.de

Abstract:
Die Arbeit geht der Frage nach, auf welche Weise Literatur in Deutschland und Dänemark im Gefolge des Nationalisierungsprozesses dazu beiträgt, eine anschauliche Vorstellung des eigenen Landes zu schaffen. In dem halben Jahrhundert vom Ende der napoleonischen Ära bis zur Konsolidierung der Länder als Nationalstaaten, findet sich in beiden Ländern eine umfangreiche und vielgestaltige landesbeschreibende Literatur, die dem bürgerlichen Lesepublikum das eigene Land anschaulich vor Augen führt und als nationales Territorium aneignet. Zu ihr gehören topographische Beschreibungen, Reiseschilderungen und bebilderte Werke ebenso wie Romane und Erzählungen – u.a. von Theodor Fontane, Annette von Droste-Hülshoff, Steen Steensen Blicher, Hans Christian Andersen und Aron Meïr Goldschmidt. Schriften der genannten Autoren stehen neben einer Reihe ausgewählter Sachprosatexte im Zentrum der Untersuchung.
Gefragt wird zum einen, wie sich die massiven Veränderungen der vorgestellten Geographie Deutschlands und Dänemarks und der ökonomischen, technischen und medialen Modernisierung in den untersuchten Texten abzeichnen. Zum anderen richtet sich die Aufmerksamkeit auf die literarische Gestaltung der landesbeschreibenden Texte und ihre Funktion für die Veranschaulichung sowie für die symbolische und emotionale Besetzung des eigenen Territoriums. Die Gegenüberstellung zweier kulturell benachbarter, doch vom historisch-politischen Hintergrund her deutlich unterschiedener Literaturen zeigt instruktiv, wie sich nationale Differenzen in den jeweiligen vorgestellten Geographien und in der Gestaltung der Texte niederschlagen. Sie zeigt aber auch Gemeinsamkeiten, die das Interesse für das eigene Land und die Blüte landesbeschreibender Literatur als wesentliche Züge des Nationalisierungsprozesses im 19. Jahrhundert ausweisen.

›Eigi einhamr‹. Beiträge zum Weltbild der Eyrbyggia saga und anderer Isländersagas

Kontakt: klaus.boeldl@lrz.uni-muenchen.de

Abstract:

Arktis-Primitivismus um 1900

Kontakt: hanna.eglinger@fau.de

Ort: München

Abstract:

 

Nomadisch – ekstatisch – magisch.

Skandinavischer Arktisprimitivismus im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert

 

Nomadisch – ekstatisch – magisch: Diese Schlagworte lassen sich als Faszinationskerne der Auseinandersetzung mit der Arktis verstehen, die einen konstitutiven Bestandteil der skandinavischen Moderne ausmacht.

Hanna Eglinger untersucht die Ausprägungen eines Arktisprimitivismus in Skandinavien um 1900, indem sie kulturwissenschaftliche und ästhetische Fragestellungen verbindet. Ausgehend von einem in Zentraleuropa um 1900 gängigen Diskurs des Primitiven, den die anthropologischen Wissenschaften maßgeblich prägten, und der sich in der bildenden Kunst, aber auch in literarischen und medienreflexiven Kontexten zu einer impulsgebenden ästhetischen Formation herausbildete, legt sie den Fokus auf die spezifisch skandinavische Figuration des Primitiven der Arktis und ihre literarische, bildnerische und filmische Reflexion.

 

Nomadic – ecstatic – magic. The fascination for the Arctic that was so formative for Scandinavian modernity finds its distillation in these terms. In this book, Hanna Eglinger explores the key characteristics of Arctic primitivism in Scandinavia around 1900 in an approach that combines both aesthetic and cultural dimensions. Taking central Europe’s fin-de-siècle preoccupation with the primitive as a starting point, Eglinger shows how the discourse that originated largely in anthropology found expression in visual art, literature, and media: her book focuses on the specific Scandinavian figuration of Arctic primitivism as it manifests in literature, visual art, and film.

 

Democratic Diplomacy and the ‘Cool Bloc’: Composition and Collaboration of Nordic Delegations to the United Nations, 1945-1975

Kontakt: goetz@uni-greifswald.de

Abstract:
The Nordic countries gained a reputation during the Cold War as model members in the United Nations due to their profiled collaboration and bridge-building efforts, but also in reference to the practice of including representatives of parliament and civil society in their
delegations. The research project explores the composition and macro-regional cooperation of Nordic UN delegations in the years 1945 to 1975, and expounds on the relevant discourses, practices and problems. The underlying research problem is two-pronged, examining how state
action is generated from that of a variety of domestic agents, and how it is influenced by the formation of country groups and alliances. These sub-currents and networking efforts beyond the sphere of the nation state are discussed in connection with scientific discourses on foreign
policy and democracy, conference diplomacy, and bloc politics in the United Nations. The study aims to contribute to a historical foundation of the current debates on global governance as well as parliamentary and civil society diplomacy and to an international history of diplomatic
agents and strategies of collaboration in the Cold War period. Its point of departure grounded in social and cultural history, the study also aims to provide a constructivist analysis of the creation of identity and legitimacy by means of symbolic representation of Nordic political
culture in the sphere of international relations.

Publications:
“‘Norden’: Structures That Do Not Make a Region.” European Review of
History 10 (2003): 323-341.
“Prestige and Lack of Alternative: Denmark and the United Nations in the
Making.” Scandinavian Journal of History 29 (2004): 73-96.

Gesellschaftsbild und nationales Bewusstsein in der dänischen Literatur des 17. Jahrhunderts

Kontakt: harald.mueller@uvw.uni-bayreuth.de

Abstract:

Gotlands Bildsteine – Probleme und neue Wege ihrer Dokumentation und Deutung

Kontakt: sigmund.oehrl@zentr.uni-goettingen.de

Abstract:
Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens von Dr. Sigmund Oehrl stehen die Bildsteine auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland. Die oft übermannshohen Gedenksteine entstanden in der Zeit von der Völkerwanderung bis in die späte Wikingerzeit (etwa 400 bis 1100 n. Chr.). Sie sind mit einer Vielzahl von eingemeißelten Figuren versehen, die einen einzigartigen Einblick in die religiöse Ideenwelt der spätantiken und frühmittelalterlichen Kultur des Nordens gewähren. Bei den gotländischen Bildsteinen handelt es sich um eine einmalige archäologische Denkmälergruppe, die in dieser Form sonst nirgendwo in von Germanen besiedelten Gebieten auftritt. In einer weitgehend schriftlosen Zeit entstanden, sind sie authentische Zeugnisse einer sonst kaum greifbaren heidnischen Geisteswelt und stellen für die germanische Religionsgeschichte, Mythologie und Heldensage eine Quelle von unschätzbarem Wert dar. Die Interpretation der eingeritzten Bilddarstellungen ist insbesondere auf der Basis späterer altnordischer Schriftquellen möglich, was die Steine zu einem Forschungsfeld sowohl der Archäologie als auch der Altnordistik macht. Bedingt durch die starke Verwitterung sind die eingeritzten oder im primitiven Flachrelief ausgeführten Bilder auf den Gedenksteinen meist nur sehr schlecht erkennbar. Die immer noch grundlegende Edition der Steine von Sune Lindqvist aus den Jahren 1941 / 42 ist technisch veraltet und umfasst lediglich 280 der 467 heute bekannten Bildsteine bzw. Bildsteinfragmente. Damals wurden die bildtragenden Oberflächen mit einer Lampe ausgeleuchtet und die auf diese Weise erkennbaren Darstellungen mit schwarzer Farbe markiert und abphotographiert. Häufig war dabei für Lindqvist nicht sicher zu entscheiden, ob es sich bei den durch die Schrägbeleuchtung entstehenden Schatten um Bildkonturen oder um natürliche Unregelmäßigkeiten bzw. spätere Beschädigungen handelte, und die in der Edition zur Verfügung stehenden Bilder spiegeln infolgedessen die subjektive Sichtweise eines einzelnen Betrachters. Im Rahmen des Projekts wird nun unter Anwendung moderner archäologischer Methoden und Techniken (Archäoinformatik bzw. Digitale Archäologie) eine Basis für neue Autopsien und Dokumentationen geschaffen. Mit Hilfe der Reflectance Transformation Imaging (RTI-Methode sowie dem Photogrammetrie-Verfahren (3D-Digitalisierung) hat Dr. Oehrl bereits einen großen Teil der gotländischen Bildsteine untersucht und dokumentiert, und erste beispielhafte Untersuchungen führen zu gänzlich neuen Interpretationsgrundlagen und Deutungen. Ziel ist es, die gewonnenen Daten (etwa 30.000 Photos) mit unterschiedlichen Software-Lösungen zu bearbeiten, 3D-Modelle der Bildsteine zu erstellen und diese mit Blick auf eine kritische Überprüfung der bisherigen Dokumentation und Lesungsvorschläge auszuwerten sowie nach bislang unerkannten, für die Bilddeutung potentiell wichtigen Details zu suchen. In einem zweiten Arbeitsschritt führt Dr. Oehrl ikonographische Studien durch und erarbeitet neue Deutungsperspektiven für alle Bildsteingruppen vom vierten Jahrhundert bis in die Spätwikingerzeit. Leitfragen betreffen das Verhältnis zu den hochmittelalterlichen Schriftquellen sowie die Beziehungen zur spätantiken / frühmittelalterlichen Ikonographie des Kontinents. Die Ergebnisse des Projekts sollen in eine Monographie über die gotländischen Bildsteine und ihre Deutungsprobleme eingehen und an der Ludwig-Maximilians-Universität München als Habilitationsschrift eingereicht werden.

Der Porträtdiskurs in der skandinavischen Literatur (1830-2000)

Kontakt: joachim.schiedermair@uni-greifswald.de

Abstract:

Weiße Wiedergängerkunst, schwarze Buchstaben. Zur Interaktion von dänischer Literatur und Kino bis 1918

Kontakt: www.smschroeder.de

Abstract:
Die Habilitation untersucht die vielfältigen Relationen zwischen der dänischen Literatur und einem als kulturelle Praxis verstandenen Kino, wobei zwei historisch distinkte Phasen herausgearbeitet werden: Zum einen eine Phase bis 1909, die vor allem durch die produktive, komparatistisch äußerst frühe Rezeption des Kinos in Texten von Autoren wie Johannes V. Jensen oder Sophus Claussen charakterisiert ist, zum anderen eine Phase von 1909 bis 1918, also das sog. ‘Goldene Zeitalter’ des dänischen Films, als dieser große internationale Bedeutung genoß. In dieser Phase wird die ästhetische Relation zwischen Kino und Literatur reziprok, weil aufgrund des mittlerweile sich als Norm etablierten narrativ-fiktionalen Films eine direkte Mitwirkung der literarischen Intelligenz als Narrationsproduzent in der Filmproduktion möglich wurde. Untersucht werden in diesem Zusammenhang auf der Basis international einzigartiger Quellen u.a. die dänische Entstehung des Genres Drehbuch und seine Autoren. Eine Analyse der Diskurse der dänischen Kinodebatte sowie der Reflexion des Kinos in der dänischen Literatur 1909 bis 1918 mündet abschließend in eine Diskussion der spezifischen Öffentlichkeit des Kinos und dessen Korrelation mit zeitgleichen parteipolitischen Öffentlichkeitskonzeptionen. Umfangreiche biographische, statistische und quellenreproduzierende Anhänge beschließen die Arbeit.

Von goldenen Spielsteinen und magischen Schachbrettern. Studien zur (Literatur-)Geschichte strategischer Brettspiele im mittelalterlichen Nord- und Nordwesteuropa

Kontakt: mteiche@gwdg.de

Abstract:
Gegenstand des Forschungsprojektes ist eine systematische Auswertung des umfangreichen archäologischen, literarischen und mythologischen Quellenmaterials zur Geschichte des Schach (skáktafl), Backgammon (kvátra oder kvátrutafl), hnefatafl und verwandter tafl-Spiele in den nordischen Ländern einschließlich kolonisierter Gebiete. Im Mittelpunkt der Arbeit soll neben historischen Aspekten vor allem die Analyse von sozialen und kulturellen Funktionen von Spielen im mittelalterlichen Norden – auch im Vergleich zur Spielkultur des mittelalterlichen Kontinentaleuropas – stehen. Methodische Basis sind neben literaturwissenschaftlichen, linguistischen und archäologischen Ansätzen allgemeine und brettspielspezifische Spieltheorien. Zentrale Themen des Projektes sind: die wikingerzeitliche Brettspielkultur vor und außerhalb des Schachspiels; die Übernahme und Akkulturation des Schachspiels in Skandinavien sowie dessen Rolle in der historischen Entwicklung der Schachfiguren-Ikonographie; die Schachterminologie des Nordgermanischen in synchroner und diachroner Perspektive; die vergleichende Sozialtopographie der verschiedenen Brettspiele in Nordeuropa; die einheimischen Brettspiele, das Schachspiel und Backgammon (Tricktrack) als literarisches und mythologisches Motiv in fiktionalen Texten sowie Schach als Thema von Sachtexten; die Beziehungen von Brettspiel zum Würfel-, Karten- und Ballspiel im untersuchten geographischen und historischen Raum.

Die Domestizierung der Unbestimmtheit – Kontingenz und Zufall in den altisländischen Königssagas

Kontakt: jvannahl@hi.is

Ort: LMU München / University of Iceland

Abstract:

Das späte 12. und frühe 13. Jahrhundert auf Island werden in der Forschung als Zeit gesellschaftspolitischer Krisen gedeutet, eine These, die wesentlich auf Interpretationen der altnordischen Saga-Literatur fußt. Diese Krise erscheint damit als etwas Imaginäres, als Erfahrung eines Kontinuitätsbruchs in Lebensordnungen, der zu narrativen Sinnbildungsleistungen herausforderte. Widersprüche und Mehrdeutigkeiten in den Sagas können insofern als Ausdruck einer historischen Widersprüchlichkeit gelesen werden.

 

Vor dieser Grundannahme richtet meine Studie den Blick auf die altnordischen Königssagas aus dem frühen 13. Jahrhundert. Die wichtigste Neuerung gegenüber traditionellen Deutungen ist das radikal geänderte theoretische Fundament: Wo bisherige Interpretationen mit der Prämisse einer herausragenden Handlungskompetenz der Figuren operieren, da gilt mein Interesse den Rahmenbedingungen und Grenzen menschlichen Handelns. Der Schwerpunkt liegt damit, erstmals in der skandinavistischen Mediävistik, auf Konzepten von Kontingenz und Zufall. Im Blick auf wirksame Mentalitätsgeschichten kommen dabei einerseits gelehrte, andererseits lebenspraktische Positionen des 12. und 13. Jahrhunderts in Europa als Beurteilungshintergrund zur Sprache.

 

Meine Neulesung zeigt: Kontingenz wird in den Königssagas erhebliche Bedeutung zugestanden, sie ist Ausdruck eines Erzählpotenzials, das darauf gerichtet scheint, einen durchaus nicht immer wahrscheinlichen Verlauf der nordischen Geschichte soweit möglich sinnvoll zu machen. Umschlossen aber ist dieses Sinngebäude von der akzentuierten Einsicht in die Grenzen menschlicher Sinngebung. Diese das menschliche Leben bis zum Tod bestimmende Ambivalenz von Sinn und Nicht-Sinn wird als bedeutungstragender Kern der Königssagas herausgearbeitet. Aus kulturhistorischer, erzähltheoretischer und literaturanthropologischer Sicht wird damit ein neuer Zugang zu Mentalitäten des mittelalterlichen Islands aufgezeigt.